Melly,
das Akademische Muli
Akademische Reitkunst und Mulis - geht das überhaupt?
Ich bin meiner Freundin und Schülerin Martina Himmel-Stuke sehr dankbar, dass ich sie bei der akademischen Ausbildung ihres Mulis Melly unterstützen darf. Dachte ich zu Beginn, das sei ja mal ein spannendes Experiment, bin ich nun eines Besseren belehrt:
Ein Muli ist pferdiger wie jedes Pferd!
und
Die Akademische Arbeit ist akademischer wie mit jedem Pferd!
Du kannst Mulis zu nichts zwingen. Hast Du ihre Kooperation gewonnen, reagieren sie unglaublich sensibel auf minimalistische Veränderungen in Deiner Körpersprache, Intention und Hilfengebung. Grobmototik lässt grüßen. Doch der Reihe nach:
Die erste und beinahe schwierigste Aufgabe stand am Beginn der Ausbildung: Es galt, Mellys Kooperationsbereitschaft zu gewinnen.
Martina und Melly leben schon viele Jahre zusammen. Doch mit der Entscheidung, Melly akademisch auszubilden, eröffnete sich ein neues Kapitel in ihrem Leben. In dieser ersten Phase musste Martina unendlich viel Feingefühl, Geduld und Zeit investieren. Melly brachte Martina immer wieder an den Punkt, an dem sie sich selbst zurück nehmen und von Erwartungen los lassen musste.
Es fiel Melly zu Beginn sehr schwer, sich zu konzentrieren. Alles und nichts lenkte sie ab. Jede Hilfe, jedes Signal wurde überbewertet und wurde so schnell "schrecklich". Jede Veränderung der Führposition lößte Widerstand aus. Widerstand heißt bei einem Muli: Innerer Rückzug. Die Aufmerksamkeitsspanne war kurz, nur wenige Minute.
Irgendwann kippte der Schalter. Melly beschloss, JA zu sagen. Fortan arbeitet sie völlig selbstverständlich mit. Sie kann sich mühelos eine Arbeitseinheit lang konzentrieren und nimmt
Veränderungen in der Führposition oder im Einsatz des Werkzeuges gelassen hin.
Wer nun glaubt, dass es damit für uns Menschen einfacher wurde, irrt.
Mellys Anspruch an Martina und mich als die Ausbilderin von beiden ist sehr hoch: Sie ist so sensibel in ihrer Wahrnehmung und Umsetzung, dass man meinen könnte, Melly würde den Aggregatzustand
jeder Körperzelle lesen. Machst Du alles richtig, setzt sie die Hilfen scheinbar mühelos um: Schulterherein, Kruppeherein, Bodenarbeit, Handarbeit mit Führposition von innen und außen,
fortgeschrittenes Longieren ...
Ist irgendwo eine (unbewusste) Spannung in Martinas Körper oder geht sie auch nur einen Zentimeter zu weit vorn/hinten/innen/außen kann Melly die Lektion leider nicht schön
ausführen.
Für mich gestaltet sich die Arbeit mit Martina und ihrem Akademischen Muli als Schulung meiner Ausbildungstätigkeit auf sehr hohem Niveau.
Ich lerne unglaublich viel von Mellys Sensitivität. Sie schult meinen Blick für mikroskopische Feinheiten. Auch auf Energieebene zeigt Melly uns, wie geringste Anspannungen und Druck die Qualität der Arbeit beeinträchtigen.
Danke Melly für diese Einweisung in die Hohe Kunst des Unterrichtens.
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Martina (Freitag, 13 Februar 2015 08:43)
witklich toll wie du das beschreibst. Es zeugt von guter Selbstreflektion. Faszinierend!